Wahrschau! KUNST

AUSSTELLUNG: Wahrschau!-Freibeuter  vom 12. - 28. APRIL 2013

Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag von 11.00 bis 17.00 und an den Veranstaltungstagen ab eine Stunde vor Beginn der Vorstellung

Das Steckenpferd von „Freifrau von Schulz“ ist und bleibt ihre Affinität zur bildenden Kunst und konzeptionellen Ausstellungen.

2013 wird das Jahr der Freibeuter an Bord der MS BLEICHEN eingeläutet. Was auch immer uns der Begriff bisher gesagt hat - drei Wochenenden lang wird es die Möglichkeit geben sich auf neue, andere Betrachtungen einzulassen. Vielleicht ist der Freibeuter ein Pirat, vielleicht aber auch ein Freigeist oder ein Grenzbrecher. Was hat Hamburg mit Freibeutern am Hut und wie frei ist der Freibeuter ohne Freihafen? Fragen, Fragen...

Malerei und Installationen von Martin Bronsema, Simon Hehemann, Arne Lösekann, Berit Mücke (L), Sebastian Neeb (B), Felizitas Schäfer, Friederike Schulz, und als besonderer Gast vom Atelier der Schlumper: Horst Wäßle


Martin Bronsema war bereits 2009 bei Wahrschau!-Seifenopern mit dabei.

Mit seinen Arbeiten zum Thema "Freibeuter" geht der Hamburger der unbändigen Freiheit aber auch Gefahr des Beutemachens in Form von Collagen nach. Wie zuletzt gezeigt auf der Affordable Art Fair in den Messehallen, arbeitet der Künstler fakultativ mit dem Versprechen auf den großen Schatz, wie es sich schon kleinen Jungs heldenhaft darstellt.

Auflistungen von Hand gezeichneter, winziger Schädelpiktogramme, die das Symbol des Piratentums zahlreich repetieren, werden ebenso gezeigt, wie Objekte, die den Besuchern der Ausstellung zu Entdeckern einer geheimen Sammelstätte von Beutezügen machen.

 

Simon Hehemann ist Neuling an Bord der MS BLEICHEN. In Hamburgs Kunstszene ist der ehemalige Student vom Lerchenfeld aber bereits während seiner Studienzeit zusammen mit seinem künstlerischen Partner Stefan Vogel immer wieder groß in Erscheinung getreten. Eine der spektakulären Installationen war z.B. bei Feinkunst Krüger der komplett eingegipste Lebensraum des Künstlerpaares.

In den letzten Jahren haben sich die Schwerpunkte der Arbeit von Simon Hehemann auf Malerei, Installationen und Zeichnungen konzentriert. Seine jüngsten Bilder, zeigen eine Ornamentik die aus einem Grundmuster dem Getränkekistenboden besteht. Durch die Reihung dieser Schablone auf einer mit Öl vorgefärbten Leinwand wird nach dem all-over-Prinzip der ersten Schicht eine Ordnung oktroyiert, die wiederum durch minimale Überlagerungen, Farbunfällen, dem rutschen der Schablone u.s.w. in einen diskontinuierlichen Rhythmus gebracht wird. Die daraus resultierende dunkle Ornamentik sieht Hehemann in einem Zusammenhang mit arabesken Mustern, dem  häufig darin auftauchendem Motiv des Paradiesgartens (Oasen) und dem westlichen 24 Stunden Getränkemarkt, der Nachts noch leuchtet wenn drumherum alles schläft.   

 

Arne Lösekann ist ebenfalls zum ersten Mal bei Wahrschau! mit dabei. Der für seine oft sehr weißen und medial durchwobenen Installationen bekannte Hamburger Künstler bestreitet im März 2013 eine große Einzelausstellung im Westwerk und wird anschließend im April  das Deck des alten Frachters kapern. ein „Tuch“ aus illuminierten Leichensäcken wird das Relikt der guten alten Seefahrt mit einem neuen Kleid versehen. Die MS BLEICHEN wird zu einem Geisterschiff im doppelten Sinn – personalisiert aber nicht personifiziert.

Arne Lösekann betreibt seit 2007 die off-Galerie xpon-art im Münzviertel. In seiner Kunst beraubt er die Dinge, die er in Szene setzt, häufig ihrer Textur und Farbigkeit, indem er sie in ein gleichmässiges, kühles Weiß taucht. Damit löst er das Auge des Betrachters aus dem standardisierten Sehegewohnheiten und entführt ihn in eine surreale Welt zwischen Schönheit und grausamer Realität.

 

 

Berit Mücke (geb. 1968 in Potsdam) lebt seit 2005 in Leipzig, wo sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Malerei studierte und 2012 ihr Diplom gemacht hat. Sie war Schülerin von Neo Rauch (Leipzig) und Gianfranco Notargiacomo (Rom). Vor ihrem Studium der Malerei arbeitete sie als Schauspielerin. Berit Mücke forscht in ihren Bildern dem Wesen der Malerei nach. In prozesshaften Setzungen und Freilegungen arbeitet sie sich schichtweise wie eine Archäologin durch ihr Material, um so das Bild an seinen ihm gegebenen Ort zu setzen. Es geht der Künstlerin um die tiefere Bildwahrheit, die sowohl die formalen als auch die freien Aspekte umfasst. Die Frage nach dem Absoluten im Spannungsfeld mit dem Eingeschränkten wird in der Arbeit immer wieder aufgeworfen. Dies ist ein zentrales Thema für Berit Mücke. In ihren Bildern findet sich neben der archäologischen Wahrheitssuche auch ihre Kartografierung, Hausformen, Landschaften, die wie aus der Vogelperspektive aussehen und gleichzeitig wie Blicke in den menschlichen Körper, wo vergrößerte Wirbel und Gefäße auftauchen. 

Die grundlegenden malerischen Fragen nach den Perspektiven und Konturen werden überwiegend allein mit den Farben gelöst, ihre Palette reicht von erdigen Ocker–, Braun–, Grün– und Rot– zu leichten Grau-Blautönen bis hin zu vollem Schwarz, das in sich und unter sich die ganze Welt verbirgt. Dieses Lauschen nach der Sprache der Farben und dem Wesen des Malerischen ist gleichzeitig eine Frage nach der künstlerischen Existenz.  

Freibeuter denkt sie sich eher als Querdenker, als verflüchtigte surreale Gestalten, keine Piraten, keine Waffen – die geistige Revolution sieht anders aus!

 

Sebastian Neeb aus Berlin war bereits zwei Mal als Künstler mit dabei. Er malt, fotografiert und baut Objekte; material- und farbgewaltig und in einem Detailreichtum, den das Auge unmöglich auf den ersten Blick erfassen kann. Die Werke bedingen einander. Sie erzählen Geschichten, die uns zunächst vertraut erscheinen, doch schon auf den zweiten Blick weicht das Vertraute dem Rätselhaften, dem Fantastischen und beinahe Abgründigen. 

Sebastian Neeb untersucht in seinen Arbeiten immer wieder die Banalitäten und Abgründe, das Glück und das Scheitern im menschlichen Miteinander. Die tragikkomischen Bildwirklichkeiten, die dadurch entstehen, lassen sich weder zeitlich noch räumlich einordnen. Geschichte(n) werden ebenso inszeniert und bewahrt wie selbst Erlebtes.

Der Meisterschüler von Daniel Richter und Robert Lucander wird 2013 seine sehr eigenwillige Installation „Kinderzimmerschrank“ zeigen, die zwischen 2009 und 2012 entstanden ist. Das filigrane Intarsiengemälde auf den Türblättern entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Gruselszenario und die herausquellenden Spielzeugpistolen erinnern an eine Art Waffenschrank im übergeordneten Sinn. 

 

Felizitas Schäfer  studierte am Bielefelder Oberstufenkolleg Freie Kunst und lebt jetzt in Hamburg. Über die Malerei entwickelte sich ihre Arbeit hin zu Installation in der Alltagsgegenstände in emotionale Zusammenhänge gebracht werden. 2010 hat die Künstlerin ihren Kühlschrankaltar bei Wahrschau!-Vineta präsentiert. 2013 nimmt sie sich auf ganz besondere Weise dem Thema Freibeuter an. Sie wird eine entwaffnende Installation unter Deck zeigen... mehr wissen wir noch nicht!

 

Friederike Schulz ist die Kuratorin des Festivals und nach ihrer Einzelausstellung 2011 „Von einem der auszog, konstruktiv zu sein“ über ihren Großvater das erste Mal als Ausstellende mit im Wahrschau!-Team. Sie hat sich im letzten Jahr intensiv mit der Abwicklung des Hamburger Freihafens auseinandergesetzt und weist in einer Installation auf den kommenden Verlust hin der durch die gewonnene neue Freiheit entsteht. Das Wort Freibeuter teilt sie in die Begriffe "frei" und "Beute". Das ehemalige Freihafengebiet mit der angrenzende Hafencity wird für sie langfristig zum Gold der Immobilienpiraten. Der Fall des Zollzaunes wird die Hafenlandschaft zwangsläufig stark verändern. Nicht nur die Zollhäuschen werden verschwinden...

 

Horst Wäßle, Jahrgang 1954, ist einer der „Superseller“ aus dem Atelier der Schlumper und ist dort Künstler der ersten Stunde. Es war zufällig in der Straße „Beim Schlump“ wo sich 1984 um den Hamburger Maler Rolf Laute künstlerisch „schwer“ Begabte mit unterschiedlichen Behinderungen sammelten.
In den Kellerräumen des „Stadthauses Schlump“, einer Außenstelle der damals sogenannten Alsterdorfer Anstalten entstand ein improvisiertes Atelier. „Schlumper“ der ersten Stunde waren Individualisten, die sich standhaft den Arbeitsangeboten der Werkstätten für Behinderte verweigerten oder aus anderen Gründen als werkstattunfähig eingestuft waren.

Durch die teilweise naive Sichtweise, den dabei aber auch unverstellten Blick auf das Geschehen, entsteht in den Bildern von Horst Wäßle etwas sehr Eigenständiges, dass so in der Kunstlandschaft selten zu finden ist. Seine Piratengemälde scheinen auf den ersten Blick kindlich naiv, sind aber durchdrungen vom Auge eines Erwachsenen mit dem Blick auf all die Abgründe des Lebens.